Unfallschutz im Homeoffice

Auch der Rückweg nach dem Ende der Tätigkeit im Homeoffice steht als mitversicherter Betriebsweg unter gesetzlichem Unfallversicherungsschutz. (amtl. Leitsatz) SG Schwerin, Urteil vom 13.12.2022 – S 16 U 49/22

Sachverhalt

Strittig ist, ob die Klägerin am 01.03.2022 einen von der Beklagten zu entschädigenden Arbeitsunfall erlitten hat. Die 1980 geborene Klägerin ist seit 2015 als Integrationsfachkraft beschäftigt. Sie arbeitet an zwei von fünf Arbeitstagen/Woche im Homeoffice. Ihr voll ausgestatteter Telearbeitsplatz befindet sich im Dachgeschoss.

Am 01.03.2022 gegen 16:03 Uhr stürzte sie auf dem Weg vom Arbeitszimmer im Obergeschoss in den Wohnbereich im Untergeschoss und erlitt eine Sprunggelenksdistorsion. Vorher hatte sie sich digital ausgestempelt, ihren Rechner heruntergefahren sowie den Büroschlüssel, IT-Karten, Ausweise und ihre Notizen für den nächsten Arbeitstag in der Dienststelle mitgenommen.

Die Unfallversicherung lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall auch im Widerspruchsverfahren ab, da die versicherte Tätigkeit mit dem Abmelden und Herunterfahren des Rechners beendet worden sei. Es handle sich bei dem Sturz auf der Innentreppe auch nicht um einen versicherten Wegeunfall, denn der Arbeitsweg beginne und ende mit dem Durchschreiten der Außenhaustür. Die Verunfallte habe das Haus ja nicht verlassen.

Entscheidung

Das SG hielt die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gem. §§ 54 und 55 Sozialgerichtsgesetz für zulässig und begründet.

Die Klägerin war auf dem Weg von ihrem Homeoffice-Arbeitsplatz in den Wohnbereich versichert, § 8 SGB VII. Mit Wirkung ab dem 18.06.2021 wurde dem § 8 Abs. 1 des SGB VII ein Satz 3 angefügt. Seitdem besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte, wenn die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt wird.

Da sich der Unfall der Klägerin innerhalb ihrer Wohnung ereignet hat, ist er nicht vom Wegeunfallversicherungsschutz erfasst. Die Klägerin hat hier aber einen (mit)versicherten Betriebsweg zurückgelegt.

Betriebswege sind Wege, die in Ausübung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt werden, Teil der versicherten Tätigkeit sind und damit der Betriebsarbeit gleichstehen. Das BSG hat bereits entschieden, dass der erstmalige morgendliche Weg aus den Privaträumen in das häusliche Arbeitszimmer zum alleinigen Zweck der Arbeitsaufnahme ein Betriebsweg ist. Deshalb, so das Sozialgericht Schwerin muss dies auch beim Hinabsteigen der Innentreppe auf dem Rückweg gelten. Im Homeoffice tritt insoweit die eigene Wohnung an die Stelle der Betriebsstätte und begründet den Versicherungsschutz.

Praxishinweis

Im Homeoffice stehen damit unter Unfallversicherungsschutz:

• der erste Weg von Wohnbereich zum häuslichen Arbeitsplatz;
• der Weg zurück vom häuslichen Arbeitsplatz in den Wohnbereich;
• Wege hin/zurück zur Toilette
• Wege zum Holen von Getränken oder Essen.

Dagegen sind die Einnahme des Essens und der Toilettenbesuch keine versicherten Tätigkeiten. Nicht abgesichert ist auch, wer z. B. ein privates Paket im Treppenhaus annimmt.

 

Quelle: VSW & VBF Nord